Fünf Jahre Kanalnetzübertragung: Stadt Schmallenberg und Ruhrverband ziehen positive Bilanz

Die Gewässerökologie der Lenne profitiert von der Aufgabe der Kläranlage in Westfeld

(v.l.) Harro Feckler (Regionalbereichsleiter Süd, Ruhrverband), Burkhard König (Bürgermeister, Schmallenberg), Anja Schmidt (RWG), Michael Menke (RWG), Dr. Antje Mohr (Finanzvorständin, Ruhrverband), Christoph Schöllmann (Bauamtsleiter, Schmallenberg), Prof. Norbert Jardin (Vorstandsvorsitzender, Ruhrverband) und Andreas Dicke (technischer Beigeordneter, Schmallenberg) freuen sich beim Ortstermin auf der ehemaligen Kläranlage Westfeld über die erfolgreiche Zusammenarbeit und die ökologischen Verbesserungen der Lenne durch die wegfallende Einleitung aus der Kläranlage.

Burkhard König, Bürgermeister der Stadt Schmallenberg.

Im Herbst 2017 hat das NRW-Umweltministerium grünes Licht für das Vorhaben der Stadt Schmallenberg gegeben, ihre Abwasserbeseitigungspflicht auf den Ruhrverband zu übertragen. Fünf Jahre später zogen der Schmallenberger Bürgermeister Burkhard König, der technische Beigeordnete Andreas Dicke, Bauamtsleiter Christoph Schöllmann sowie die beiden Vorstände des Ruhrverbands, Prof. Norbert Jardin und Dr. Antje Mohr, in einer kleinen Feierstunde gemeinsam Bilanz der bisherigen Zusammenarbeit. Sie fällt rundum positiv aus.

„Die Übergabe der vielfältigen Aufgaben ist vollkommen geräuschlos verlaufen, wir werden von den in Schmallenberg für das Kanalnetz tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ruhrverbands und seiner Tochtergesellschaft, der RWG Ruhr-Wasser-Wirtschafts-Gesellschaft mbH, bestens betreut“, strich Burkhard König heraus. Auch der Blick auf die Gebühren ist eine Erfolgsgeschichte, so König weiter: „Wir haben die angestrebte Gebührenstabilität für die Menschen in unserer Stadt über zwölf Jahre erreicht und konnten die Gebühren zwischenzeitlich sogar senken. Angesichts der steigenden Bau- und Energiepreise müssen wir die Abwassergebühr im Jahr 2023 allerdings leicht anpassen. Wir liegen aber immer noch deutlich unter dem NRW-Durchschnitt. Die Gebührenhoheit liegt nach wir vor bei uns, daran hatte ja auch zu keinem Zeitpunkt ein Zweifel bestanden. Auch die Entscheidungen über Investitionen, die in das Kanalnetz getätigt werden müssen, treffen wir als Kommune.“

Auch im Blick auf die ökologische Gewässerqualität im Stadtgebiet gibt es gute Nachrichten: Die notwendigen Kanalarbeiten zur Aufgabe der Kläranlage Schmallenberg-Westfeld konnten im Sommer 2022 nach rund einjähriger Bautätigkeit abgeschlossen werden. Dazu mussten ein rund 1,1 km langer Verbindungssammler von Inderlenne bis nach Westfeld entlang des Gewässers Lenne verlegt sowie ein 170 Meter langer Stauraumkanal zur Niederschlagswasserbehandlung in Westfeld gebaut werden.

Die Verbindungsleitung vom Ortskern Westfeld bis zum neuen Stauraumkanal wurde in der vorhandenen Trasse erneuert. Wegen der örtlichen Gegebenheiten waren die rund 1,1 Millionen Euro teuren Bauarbeiten eine große Herausforderung – unter anderem mussten eine Hochdruckgasleitung und die Landstraße L640 gequert sowie mehrere Gewässer gekreuzt werden. Die Projektplanung und -steuerung sowie Bauleitung erfolgte durch das Tochterunternehmen des Ruhrverbands, die RWG Ruhr-Wasserwirtschafts-Gesellschaft mbH mit deren Niederlassung in Arnsberg.

Seit der Inbetriebnahme des neuen Stauraumkanals Mitte Juni 2022 wird das anfallende Abwasser aus den Ortsteilen Westfeld, Ohlenbach und Hoher Knochen zur Reinigung der leistungsfähigen Kläranlage Schmallenberg zugeführt. Die bisherige Kläranlage Schmallenberg-Westfeld sowie ein vorhandener Regenüberlauf in der Winterberger Straße konnten dadurch aufgegeben werden, was für die Lenne durch den Entfall der bisherigen Einleitungen von gereinigtem Abwasser eine erhebliche ökologische Aufwertung darstellt.

Neben der Gewässerökologie der Lenne profitieren auch die gebührenzahlenden Bürgerinnen und Bürger von der Baumaßnahme, denn der Ruhrverband spart durch die Aufgabe der Kläranlage einen dezentralen Betriebsstandort ein. Dies wiederum kommt der Stadt Schmallenberg durch Reduzierung des Ruhrverbandsbeitrags ab 2022 zugute.

 

Fünf Fragen an den Schmallenberger Bürgermeister Burkhard König:

Herr König, vor fünf Jahren hat die Stadt Schmallenberg die Aufgabe der Abwassersammlung (Kanalnetz) auf den Ruhrverband übertragen, wie bewerten Sie die Zusammenarbeit?
Der Ruhrverband, genauer das Tochterunternehmen des Ruhrverbandes, die Ruhrwasserwirtschafts-gesellschaft, hatte bereits im Jahre 2012 die Betriebsführung des Kanalnetzes für die Stadt Schmallenberg übernommen. Wir kannten unseren Partner und waren uns sehr sicher, nach der Betriebsführung auch die rechtliche Verantwortung für die Abwasserbeseitigung auf den Verband übertragen zu können. Heute nach fünf Jahren kann man bilanzieren, dieses Vertrauen in eine gute partnerschaftliche Zusammenarbeit wurde mehr als erfüllt.

Vor dem damaligen Beschluss im Rat der Stadt gab es kritische Stimmen und Befürchtungen die Stadt könnte den Einfluss auf das Kanalnetz verlieren. Gibt es diese kritischen Stimmen noch und haben sich damaligen Befürchtungen bewahrheitet?
Nein, die Befürchtungen haben sich nicht bewahrheitet - im Gegenteil. Mit dem Ruhrverband haben wir einen Partner gefunden, der über eine hohe Kompetenz zu allen Fragen der Abwasserbeseitigung und dem Betrieb von Kanalnetzen verfügt. Mit dem Verband konnten wir nicht nur alle anstehenden Kanalbau- und -sanierungsmaßnahmen termingerecht erledigen, er hat uns darüber hinaus auch in vielen Maßnahmen beraten und unterstützt, bis hin zur Begleitung im Straßenbau.

Die versprochen Gebührenstabilität und sogar eine kleine Gebührensenkung sind eingetreten. Wie sieht es vor dem Hintergrund steigender Bau- und Energiepreise in der Zukunft aus?
Die Entwicklung der Bau- und Betriebskosten des Abwassersystem mit Kläranlagen und Kanälen macht natürlich auch vor Schmallenberg nicht halt. Nachdem wir uns über 12 Jahre stabile oder gar sinkende Gebühren freuen konnten, müssen wir die Abwassergebühr 2023 anheben. Mit dann 2,59 Euro je Kubikmeter Schmutzwasser handelt es sich um einen im kommunalen Vergleich immer noch sehr günstigen Gebührensatz.

Die Kläranlage Westfeld wurde aufgegeben? Welche Vorteile hat das?
Die Kläranlage Westfeld hätte umfangreich saniert oder gar neu gebaut werden müssen, um die Anforderungen an die Abwasserreinigung zu erfüllen. Anstelle dessen haben wir einen Verbindungskanal über Inderlenne bis Oberkirchen neu gebaut. Das System verzweigt in Inderlenne zu dem nach Nordenau – mit dem Anschluss an diesen Kanal konnte die dortige Kläranlage schon vor zwei Jahren aufgegeben werden. Über das zwischen Oberkirchen und Schmallenberg bestehende Kanalsystem wird das Abwasser jetzt der modernen und leistungsfähigen Kläranlage Schmallenberg zugeführt und dort gereinigt. Für uns verringert sich der an den Ruhrverband zu zahlende Beitrag und auch die Lenne unterhalb Westfeld wird von der Einleitung gereinigter Abwässer der Kläranlage entlastet.

Würden Sie die Kooperation nochmals eingehen?
Rückblickend nach der 5-jährigen Erfolgsgeschichte würde ich den Weg der Kooperation erneut gehen.

Zum Hintergrund: Seit einer Änderung des Landeswassergesetzes im Jahr 2016 haben die Kommunen im Ruhreinzugsgebiet die Möglichkeit, ihre gesetzlich festgelegte Aufgabe des Sammelns und Fortleitens von Abwasser (Ortsentwässerung) auf den Ruhrverband zu übertragen. Es handelt sich dabei nicht um einen Verkauf oder eine Privatisierung kommunaler Infrastruktur, sondern um einen staatlichen Organisationsakt, mit dem eine hoheitlich wahrzunehmende Aufgabe von einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft auf eine andere übertragen wird. Das Kanalnetz bleibt Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Mit der Übertragung werden die beiden wesentlichen Teilaufgaben der Siedlungsentwässerung, nämlich die Abwassersammlung und die Abwasserreinigung, in einer Hand zusammengeführt. Die sich daraus ergebenden Synergiepotenziale eröffnen die Möglichkeit, die Gebühren weiterhin relativ stabil zu halten. Der Ruhrverband hat für das Nutzungsrecht am Schmallenberger Kanalnetz einen Ausgleichswert in Höhe von rund 20,6 Millionen Euro an die Stadt gezahlt und zusätzlich Kredite im Umfang von 5,3 Millionen Euro übernommen.

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