Entgeltvergleich beim DGB, der FernUniversität Hagen, dem Ruhrverband und der Sozialstiftung Köpenick

Antidiskriminierungsstelle des Bundes zertifiziert Arbeitgeber: Entgeltgleichheit endlich voranbringen

Übergabe der Zertifizierung an den Ruhrverband

Vor dem Equal Pay Day am 19. März ruft die Antidiskriminierungsstelle des Bundes Unternehmen auf, sich gegen Entgeltungleichheit zu engagieren. Zugleich fordert sie eine schnelle Umsetzung eines Gesetzes für mehr Lohngerechtigkeit.

„Seit Monaten liegt ein Referentenentwurf für ein entsprechendes Gesetz vor“, sagte die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Christine Lüders. „Ich setze darauf, dass in der Politik die Bereitschaft besteht, es auch endlich umzusetzen - wir brauchen es dringend. Aber wir brauchen jetzt und auch später Unternehmen und öffentliche Verwaltungen, die sich diesem ernstzunehmenden Problem stellen und offensiv, aktiv und lösungsorientiert damit umgehen.“

Nach wie vor verdienen Frauen in Deutschland durchschnittlich weniger als ihre männlichen Kollegen. Zuletzt lag die Lohnlücke bei 21,6 Prozent: Damit liegt Deutschland auf dem drittletzten Platz in Europa.

Selbst in demselben Unternehmen wird gleiche und gleichwertige Arbeit manchmal unterschiedlich bezahlt – fast immer zum Nachteil der weiblichen Beschäftigten. Meist ist dies den Betroffenen selbst nicht bewusst, da Vergütungssysteme in aller Regel kompliziert sind.

Um eine gerechte Bezahlung zu erreichen und Entgeltdiskriminierung zu beseitigen, müssen sowohl Arbeitgebende als auch Beschäftigte mehr Klarheit über das bestehende Lohngefüge gewinnen. Dazu möchte die Antidiskriminierungsstelle mit dem Projekt „Gleicher Lohn“ beitragen. Inzwischen wurde die dritte Runde des Projekts abgeschlossen. Zuletzt ließen vier Unternehmen die Gehälter ihrer Beschäftigten mithilfe des Lohnmessverfahrens „eg-check.de“ vergleichen und wurden dafür am 15. März von der Antidiskriminierungsstelle zertifiziert. Teilnehmende waren der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), die FernUniversität Hagen, das Wasserwirtschaftsunternehmen Ruhrverband und die Sozialstiftung Köpenick.

„Ein Entgeltvergleich ist ein großer Schritt zu mehr Transparenz, ohne die eine gerechte Gehaltsverteilung nicht erreichbar ist“, sagte Lüders. „Wir müssen uns weiter dafür einsetzen, dass endlich alle Menschen für gleiche Arbeit auch den gleichen Lohn erhalten – ganz unabhängig vom Geschlecht. Deshalb ermutige ich alle Unternehmen, ebenfalls den Entgelt-Check durchzuführen. Damit würdigen sie auch die Arbeit aller ihrer Beschäftigten.“

Durch den Entgeltvergleich sollen mögliche Diskriminierung und ihr finanzielles Ausmaß offen gelegt werden. Außerdem wird überprüft, ob einzelne Vergütungselemente gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verstoßen. Zwar können die Befunde aufgrund der Sensibilität von Entgeltinformationen nicht veröffentlicht werden, jedoch werden sie von den Unternehmen in engem Austausch mit ihren jeweiligen Personalvertretungen ausgewertet.

Kerstin Baumgart, Referatsleiterin Personal beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), dem Dachverband der deutschen Gewerkschaften mit rund 800 Beschäftigten, sieht die Zertifizierung als Ermunterung, weiterhin für Entgeltgleichheit einzustehen: „Wir freuen uns über die Auszeichnung und werden am Ball bleiben.  Besonders freut uns, dass wir in den letzten Jahren den einstmals unterrepräsentierten Frauenanteil in vielen politisch verantwortlichen Positionen anheben konnten.“ Geprüft wurden beim DGB, bei dem 60 Prozent der Beschäftigten weiblich sind, das anforderungsbezogene Grundentgelt aller Entgeltgruppenbeschreibungen sowie die Zusatzstufenvergabe.
 
Bei der FernUniversität Hagen mit einem Anteil von mehr als 50 Prozent Frauen unter den Beschäftigten wurde mithilfe von eg-check.de ein Grundentgeltvergleich durchgeführt. Die Kanzlerin der FernUniversität, Regina Zdebel: „Es war ein spannendes Projekt, im Rahmen von eg-check einmal im Detail zu prüfen, ob und wenn ja welche Unterschiede beim Grundentgelt trotz des anzuwendenden Tarifvertrages (TV-L) zwischen dem ausgewählten, noch immer männlich dominierten, IT-Bereich und der eher weiblich geprägten Beschäftigtenstruktur der Universitätsbibliothek bestehen.“

Beim Ruhrverband, dem öffentlich-rechtlichen Wasserwirtschaftsunternehmen im Einzugsgebiet der Ruhr mit rund 1.000 Beschäftigten, wurde die Geschlechtergerechtigkeit des anforderungsbezogenen Grundentgelts überprüft. „Gerade in unserem technik- und damit traditionell männerdominierten Unternehmen gab es immer wieder Diskussionen über die angeblich ungleiche Bezahlung in technischen und nichttechnischen Arbeitsfeldern“, sagte Vorstandsassistentin Martina Stahlberg-Häusler.

„Wir wollten Klarheit darüber, wie der Ruhrverband in dem Thema Entgeltgerechtigkeit aufgestellt ist. Damit können wir den Beschäftigten, aber auch potenziellen künftigen Arbeitskräften zeigen, dass wir die Entgeltgerechtigkeit ernst nehmen und das Thema offensiv angehen."

Dr. Gisela Grunwald, Geschäftsführerin der Sozialstiftung Köpenick, weiß die Entgeltprüfung durch den eg-check.de zu schätzen: „Für uns als Arbeitgeberin in sozialen Berufsfeldern, in denen überwiegend Frauen ihre Kompetenzen einbringen, stellen wertschätzende betriebliche Entlohnungsgrundsätze eine Kernaufgabe für die Personalgewinnung und Personalbindung dar. Die Auseinandersetzung mit dem Anforderungsprofil des Entgeltgleichheitschecks gab uns in der Beratung mit dem Betriebsrat vielfältige Anregungen, die Tätigkeitsmerkmale für die Entgeltgruppen entsprechend betrieblicher und psychosozialer Anforderungen zu konkretisieren.“ Bei der Sozialstiftung Köpenick wurde die Eingruppierung der Tätigkeiten analysiert sowie ein Paarvergleich durchgeführt.

Neben den Zertifizierungen einzelner Unternehmen und Verwaltungen setzt die Antidiskriminierungsstelle des Bundes derzeit ein Pilotprojekt mit dem Land Berlin um: Dort werden systematisch die Tarifstrukturen auf Entgeltdiskriminierung untersucht. Ergebnisse werden voraussichtlich im Laufe des Jahres vorgestellt.


Weitere Informationen zur Teilnahme am Projekt „Gleicher Lohn“ finden Sie unter www.antidiskriminierungsstelle.de.

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) ist mit Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) im August 2006 gegründet worden. Ziel des Gesetzes ist es, Diskriminierung aus rassistischen Gründen oder wegen ethnischer Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen. www.antidiskriminerungsstelle.de.