PFT-Skandal von 2006 wurde nicht von Klärschlämmen aus Kläranlagen des Ruhrverbands verursacht

Zahlenmaterial widerlegt Zeugenaussage von Harald Friedrich im PFT-Strafprozess

Die Schlämme aus Kläranlagen des Ruhrverbands können nicht der Verursacher der im Jahr 2006 als „PFT-Skandal“ bekannt gewordenen Belastung der Ruhr und ihrer Nebengewässer mit perfluorierten Tensiden (PFT) sein. Dies geht aus den Daten hervor, die dem Ruhrverband zu den landwirtschaftlich und landbaulich verwerteten Klärschlammmengen seiner Kläranlagen für die Jahre ab 1995 vorliegen. Die von Harald Friedrich, einem ehemaligen Abteilungsleiter des nordrhein-westfälischen Umweltministeriums, in einer Zeugenaussage vor dem Landgericht Paderborn getätigten Behauptungen lassen sich aufgrund des vorhandenen Datenmaterials in keinster Weise nachvollziehen.

Der Ruhrverband hat im Jahr 2000 damit begonnen, die Entsorgungsstruktur seiner Klärschlämme von der stofflichen Verwertung und Deponierung hin zu einer vorwiegenden Verbrennung zu verändern. Die Deponierung von Klärschlämmen wurde 2005 eingestellt und die stoffliche Verwertung von 2001 bis 2006 erheblich reduziert. Seit 2007 verbrennt der Ruhrverband seine Klärschlämme vollständig.

In den Jahren 1995 bis 2006 hat der Ruhrverband insgesamt 140.885 Tonnen Trockenmasse (TR) landwirtschaftlich und landbaulich verwertet, davon 97.101 Tonnen in NRW. Die in NRW verwerteten Schlämme lassen sich ein weiteres Mal unterteilen in Landkreise außerhalb des Ruhrverbandsgebiets und Landkreise, die Flächen innerhalb des Ruhrverbandsgebiets haben. Obwohl die letztgenannten Landkreise zum Teil in erheblichem Umfang außerhalb des Ruhrverbandsgebietes liegen, geht der Ruhrverband von der Worst-Case-Annahme aus, dass die Klärschlämme vollständig innerhalb des Ruhrverbandsgebiets verwertet wurden.

Eine nachträgliche genaue Berechnung des PFT-Gehalts der Schlämme ist nicht möglich, da PFT kein Stoff ist, der nach der für die landwirtschaftliche Verwertung allein maßgeblichen Klärschlammverordnung zu betrachten ist und daher bis Mitte 2006 Klärschlämme auch nicht auf ihren PFT-Gehalt untersucht wurden. Nach dem Bekanntwerden des PFT-Skandals wurden jedoch die Klärschlämme aller Ruhrverbands-Kläranlagen systematisch untersucht und die dabei gemessenen Konzentrationen hilfsweise für die Berechnung der PFT-Gehalte der Vorjahre verwendet. Messwerte unterhalb der unteren Bestimmungsgrenze wurden, ebenfalls als Worst-Case-Abschätzung, mit dem Bestimmungsgrenzwert von 10 Mikrogramm pro Kilogramm Trockenmasse angesetzt.

Unter Berücksichtigung der genannten Worst-Case-Annahmen könnten danach im Zeitraum von 1995 bis zum völligen Ende der stofflichen Verwertung im Jahr 2006 maximal insgesamt bis zu 10,56 Kilogramm PFT mit den Ruhrverbandsschlämmen auf landwirtschaftliche und landbauliche Flächen gelangt sein, davon bis zu 5,47 Kilogramm PFT innerhalb des Einzugsgebiets der Ruhr. Das entspricht etwas weniger als 0,5 Kilogramm pro Jahr.

Dem steht für das Jahr 2007 eine in der Ruhr abgeflossene PFT-Fracht von 187 Kilogramm und für das Jahr 2008 eine in der Ruhr abgeflossene PFT-Fracht von 105 Kilogramm gegenüber. Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass das vom Ruhrverband als Worst-Case-Szenario errechnete PFT von weniger als 0,5 Kilogramm pro Jahr vollständig in die Ruhr gelangt wäre, hätte der Anteil der Ruhrverbandsschlämme am PFT-Eintrag in die Ruhr für das Jahr 2007 nur etwa 0,27 Prozent und für das Jahr 2008, in dem die PFT-Belastung der Ruhr bereits wieder deutlich gesunken war, nur etwa 0,48 Prozent ausgemacht.

Die von Harald Friedrich getätigten Behauptungen lassen sich also durch das vorliegende Zahlenmaterial selbst bei Einbeziehung mehrerer Worst-Case-Annahmen nicht im geringsten nachvollziehen und entbehren jeglicher Grundlage.

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