Abwasserreinigung am Beispiel der Kläranlage Duisburg-Kaßlerfeld

Das Ruhrmündungsgebiet mit der Stadt Mülheim und den zur Ruhr hin entwässernden Teilen von Oberhausen und Duisburg ist eine der bevölkerungsreichsten Regionen des Ruhrgebiets. Im Einzugsgebiet leben rund 300.000 Menschen. Sie produzieren etwa zwei Drittel der Abwassermenge, die in der Kläranlage Duisburg-Kaßlerfeld gereinigt wird. Das übrige Drittel stammt aus gewerblichen und industriellen Betrieben. Insgesamt beträgt der Zufluss bei Trockenwetter 2,3 Kubikmeter pro Sekunde. Der maximale Zufluss bei Regenwetter ist auf 4,1 Kubikmeter pro Sekunde bemessen. Das Einzugsgebiet weist ein äußerst vielschichtiges Bild auf – einerseits mit vielen Waldflächen und Gartenanlagen, andererseits geprägt von der Stahlindustrie. Zudem ist die Region ein Verkehrsknotenpunkt von internationaler Bedeutung, in dem sich die Transportsysteme von Schifffahrt, Schiene und Straße sowie Rohrleitung bündeln. Ein deutliches Zeichen hierfür ist der Duisburger Hafen, auf den die 40 Meter hohen Faulbehälter der Kläranlage einen hervorragenden Rundblick erlauben.

Planung und Genehmigung
Bereits 1954 ging in Duisburg-Kaßlerfeld ein erstes Klärwerk in Betrieb. Es bestand aus einer mechanisch-chemischen Reinigungsstufe mit Rechen, Sandfang und Absetzbecken sowie einem Faulbehälter und Schlammlagerplätzen. Schon Anfang der 1970er-Jahre wurde eine erste Planung für eine mechanisch-biologische Anlage erstellt, die unter anderem eine Schlammverbrennung vorsah. Diese wurde jedoch nicht genehmigt, da damals die vorhandenen Belastungen der Luft die zulässigen Immissionswerte bereits überschritten.

In der 1982 zur Genehmigung eingereichten Neuplanung war die biologische Stufe für den Kohlenstoffabbau bemessen. Sie musste im Zuge des Planfeststellungsverfahrens so geändert werden, dass auch eine Nitrifikation des Ammoniums ermöglicht wurde. Durch den Planfeststellungsbeschluss vom 1. September 1987 wurde der Entwurf des Ruhrverbands zur Erneuerung des Klärwerks Duisburg-Kaßlerfeld genehmigt. Aufgrund von Änderungen der Abwassergesetze werden heute jedoch noch wesentlich schärfere Anforderungen an die Reinigungsleistung von Kläranlagen mit über 100.000 Einwohnerwerten gestellt.

Damit das Klärwerk Duisburg-Kaßlerfeld diese Anforderungen erfüllen kann, wurde der abwassertechnische Teil des Entwurfs nach Erteilung der Genehmigung erneut überarbeitet, sodass eine gezielte Nitrifikation und Denitrifikation sowie die Phosphatelimination möglich sind. Die Umplanungen wurden im Sommer 1989 durch Planfeststellungsänderungsbeschluss in die bereits erfolgte Genehmigung aufgenommen. Wegen ihrer Bedeutung für die infrastrukturelle Entwicklung im Einzugsgebiet förderte das Land Nordrhein-Westfalen die Neubaumaßnahmen in Duisburg-Kaßlerfeld im Rahmen des Programms „Zukunftsinitiative Montanregionen (ZIM)“ mit bis zu 80 Prozent der Investitionskosten. Damit wurde dem Ruhrverband maßgeblich bei der Lösung der vorhandenen wasserwirtschaftlichen Probleme geholfen.

Bautechnik und Projektmanagement
Ende 1988 begannen die Bauarbeiten, Mitte 1992 war der Rohbau abgeschlossen. Eine große Herausforderung bestand darin, dass die bisherige Reinigungsleistung und die Vorflut des Abwassers während der gesamten Bauphase gewährleistet sein mussten.

Zunächst wurde das Klärwerksgelände mit einer umlaufenden, 60 Zentimeter dicken Dicht- und Schlitzwand, die bis zu 45 Meter in den Untergrund hinabreicht, gegen steigendes Grundwasser geschützt. Erforderlich war diese bautechnisch sehr aufwendige Maßnahme, weil aus betriebswirtschaftlichen Gründen auf ein Zulaufpumpwerk verzichtet wurde und die Becken der Abwasserreinigung somit unter dem vorhandenen Geländeniveau liegen.

Der Neubau der Kläranlage Duisburg-Kaßlerfeld war mit veranschlagten 320 Millionen D-Mark die bist dahin größte Einzelinvestition im Abwasserbereich des Ruhrverbands. Um die engen Zeitvorgaben und den Kostenrahmen einzuhalten, wurde für die Gesamtmaßnahme eine EDV-gestützte Termin- und Kostenverfolgung installiert. Das erfolgreiche Projektmanagement und die Qualität der eingesetzten Überwachungs- und Steuerungsmechanismen zeigten sich in der termingerechten Inbetriebnahme der verschiedenen Anlagenteile, der Einhaltung des Kostenrahmens und den späteren Betriebsergebnissen.

Abwasserbehandlung
Die mechanische Reinigungsstufe in Duisburg-Kaßlerfeld umfasst eine vierstraßige Rechenanlage, einen unbelüfteten Sandfang und ein Vorklärbecken. Das Rechengut wird entwässert und über Transportbänder in Container abgeworfen. Die gesamte Anlage ist aus Emissionsgründen und zur Sicherstellung des Winterbetriebes in einem geschlossenen Gebäude untergebracht.

Nach Durchfließen der vier Langsandfangkammern gelangt das Abwasser in die Vorklärung. Diese wurde aufgrund der für die Nitrifikation, Denitrifikation und Phosphatelimination erforderlichen Umplanungen auf 5.200 Kubikmeter Gesamtvolumen, verteilt auf vier Becken, verkleinert und dient mit 0,6 Stunden Aufenthaltszeit nur noch der Grobentschlammung.

Die biologische Reinigungsstufe nach dem Prinzip des Belebungsverfahrens umfasst zwei Umlaufbecken mit insgesamt 60.000 Kubikmetern Inhalt für simultane Nitrifikation und Denitrifikation. Zusätzlich sind zwei Denitrifikationsbecken mit rund 10.000 Kubikmetern Volumen vorgeschaltet, in denen auch eine biologische Phosphatelimination erfolgen soll. Die Rezirkulation in die Denitrifikationsbecken ist auf den dreifachen Trockenwetterzufluss bemessen. Die Umlaufbecken sind mit einer feinblasigen Druckluftbelüftung und separater Umwälzung ausgerüstet. Pro Becken wurden acht abschaltbare Belüftergruppen installiert. Das gesamte Belüftungssystem ist für 65.000 Normkubikmeter Luft pro Stunde ausgelegt.

Die Trennung des Belebtschlamms vom gereinigten Abwasser erfolgt in der Nachklärung, die aus fünf Rechteckbecken besteht. Die Nachklärbecken sind insgesamt 40.000 Kubikmeter groß. Der abgesetzte Schlamm wird mit jeweils zwei Schildräumern geräumt. Aufgrund der kleinen Vorklärbecken wird der Überschussschlamm separat eingedickt. Das gereinigte Abwasser läuft durch gelochte Rohre ab. Außerdem verfügt die Anlage Duisburg-Kaßlerfeld über eine chemische Reinigungsstufe (Simultanfällung) zur Phosphorelimination.

Betrieb und Kontrolle
Die personelle Besetzung des Klärwerks Duisburg-Kaßlerfeld berücksichtigt eine ständige Überwachung der Anlage im Dreischichtbetrieb. Trotz einer weitgehenden Automatisierung des Betriebes ist die zentrale Warte im Betriebsgebäude stets besetzt. Sämtliche für den Betrieb und die Überwachung der Anlage relevanten Informationen laufen in der zentralen Warte zusammen und werden dort zur Unterstützung des Bedienpersonals von einem Prozessrechner aufbereitet. Neben der zentralen Warte wird der Betrieb wesentlicher Anlagenteile wie Energiestation, Schlammentwässerung, Schlammfaulung und Überschussschlammeindickung von Unterwarten aus bedient.

Um den Reinigungsprozess entsprechend den gesetzlichen Anforderungen zu steuern und zu überwachen sowie eine Optimierung z. B. der Energiekosten zu erzielen, wurden auf dem Klärwerk umfangreiche energie-, mess- und regeltechnische Einrichtungen installiert. Einen besonderen Schwerpunkt bildet hierbei die MSR-Technik für den Betrieb der Belebungsstufe.

Die Neufassung verschiedener Gesetze und Verordnungen verlangt von den Betreibern kommunaler Abwasseranlagen verstärkte Anstrengungen zur Eigenkontrolle. Hierzu gehören u. a. die strenge Überwachung der Mindestanforderungen, die Erfassung zusätzlicher Parameter unterschiedlichster Art und die Dokumentation des ordnungsgemäßen Betriebsablaufes. Zulauf und Ablauf des Klärwerks, aber auch die internen Abwasser- und Schlammströme werden nicht nur durch kontinuierlich arbeitende Analysegeräte überwacht, sondern vor allem vom Betriebslabor des Klärwerks und darüber hinaus vom Zentrallabor des Ruhrverbands in Essen untersucht.

Die Betriebsdaten werden in Protokollen festgehalten, können jedoch auch in Form von Diagrammen ausgedruckt werden.
Durch die intensive Selbstüberwachung des Klärwerks wird sichergestellt, dass die vom Gesetzgeber vorgegebenen niedrigen Ablaufwerte eingehalten werden.

Umweltfreundliche Technik
Die Abwasserreinigung hat umweltpolitische Bedeutung für den Schutz der Oberflächengewässer und die damit verbundenen Ökosysteme. Als ökologische Teildisziplin muss umweltbewusste Abwasserentsorgung heute mehr leisten, als nur die technischen Voraussetzungen zur Abwasserentsorgung zu schaffen. Emissionsschutz, Schonung wertvoller Ressourcen, Recyclingstrategien und Abfallminimierung markieren einige der Umweltaufgaben moderner Abwasserentsorgung.

So wurde beispielhaft zur Verwertung des bei der Schlammfaulung anfallenden Gases auf der Kläranlage Duisburg-Kaßlerfeld ein innovatives Konzept realisiert. Die Energiestation ist mit fünf Gasmotoren bestückt, bei deren Auswahl auf eine verbesserte Umweltverträglichkeit geachtet wurde. Zwei der Motoren sind direkt mit Turbogebläsen (je 500 Kilowatt) und einer mit einem Generator (750 Kilowatt) gekoppelt. Die beiden restlichen Gasmotoren (je 500 Kilowatt) sind als Tandemaggregate ausgerüstet, sodass hiermit einerseits durch Turbogebläse die Druckluft für die Belüftung der Belebungsbecken und andererseits über Generatoren elektrische Energie für den Klärwerksbetrieb erzeugt werden kann. Zur Erzielung eines höheren Wirkungsgrads wird nach dem System der Kraft-Wärme-Kopplung die Abwärme der Gasmotoren über Wärmetauscher zurückgewonnen.

Zur weiteren Verbesserung der Wärmebilanz wird in Duisburg-Kaßlerfeld zudem ein Schlamm-Schlamm-Wärmetauscher (Rekuperator) eingesetzt. In ihm wird der in die Faulbehälter gepumpte Rohschlamm mit dem abfließenden warmen Faulschlamm zum Wärmetausch gebracht. Ziel des gesamten Energiekonzeptes ist es, die Nutzung der vorhandenen Ressourcen wie Klärgas oder Abwärme aus den Gasmotoren oder dem Faulschlamm zu optimieren, um so den Bezug externer Energiequellen auf ein Minimum zu reduzieren. Zur Vermeidung störender Lärmemissionen wurden für die Energiestation ebenso wie für andere Lärmquellen umfangreiche Schallschutzmaßnahmen vorgesehen.

Architektonische Gestaltung
Bestimmend für die Gestaltung der Gesamtanlage und der einzelnen Bauten war die Lage parallel zum Ruhrlauf in einer durch Industriebauten geprägten Umgebung. Die Anlage konnte aufgrund ihrer Ost-West-Ausrichtung und flächenmäßigen Ausdehnungsmöglichkeit entlang der Ruhr sehr konsequent linear durchgeplant werden. Durch den modularen Aufbau der Beckengruppe entstanden deutlich abgegrenzte Funktionsbereiche der Anlage. Die Stellung der Hochbauten setzt die klare Konzeption der Anlage fort: Linearität, Horizontalität und Rechtwinkligkeit, ruhige Silhouetten, Schaffung von klar definierten Räumen.

Die Hochbauten wurden in ihren Dimensionen behutsam gestaltet und als Einzelbauten zu Gruppen zusammengefasst. Dabei wurde durch sich wiederholende Materialien und Formelemente für Einheitlichkeit des Ganzen gesorgt. Dies wird unterstützt durch die Wahl elementarer Formen für die Baukörper (Kubus, Kreissegment und Bogen), wobei gewählte Form und Funktion stets eine in sich schlüssige Einheit bilden sollen. Die so entstandene unverwechselbare technische Architektur lebt in ihrer Zurückhaltung und der Konzentration auf das Wesentliche sowie durch den Gegensatz zur uneinheitlichen Umgebung der Anlage.

Für die äußere Gestaltung wurden vorgehängte, beidseitig pulverbeschichtete Aluminiumfassaden teils als Trapezblech, teils als Formblech verwandt; ein glattes Material, das widerstandsfähig gegen die Industrieluft in dieser Region ist und keine Angriffspunkte für übermäßige Verschmutzung bietet. Die Kombination von Trapezblechen und Glattblechen sowie deren farbliche Abstimmung erbrachte die gewünschte Auflockerung der teils großen Fassadenflächen.

Gestalterisches Element sind zudem die abgerundeten glatten Eckausbildungen der Gebäude sowie als oberer Attikaabschluss die gebogenen Trapezblechelemente. Die sorgfältige Gestaltung dieser Details erschien notwendig, um den Gebäuden einerseits eine ablesbare Einheitlichkeit zu verleihen, andererseits durch Farb- und Materialwahl den Gebäuden einen Ausdruck der Leichtigkeit zu geben. Die Farb- und Materialwahl des Innenausbaues setzte das zurückhaltende äußere Erscheinungsbild fort. Für das farbliche Konzept der maschinellen Anlagenteile wie Pressen, Pumpen, Motoren, Behälter wurden bewusst kräftige, klare Farben gewählt, um einerseits der Eintönigkeit von Betonwänden entgegenzuwirken und andererseits die unterschiedlichen Funktionen der einzelnen Aggregate erkennbar werden zu lassen.